Der Grundumsatz

Und was passiert, wenn unser tägliches Kalorienziel unter dem Grundumsatz liegt.

by Katja
Basal Metabolic Rate Or Bmr With Calories Consumption For Everyd

Schlank im Schlaf? Nicht ganz, aber tatsächlich verbrennen wir auch im Schlaf Kalorien. Oder wenn wir still auf dem Sofa liegen und lesen. Oder auch, wenn wir den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen und lernen oder arbeiten. Unser Körper ist im Hintergrund immer aktiv, ganz egal, ob wir uns sportlich betätigen oder auch „nichts tun“. Und das kostet natürlich Energie.

Diejenigen unter uns, welche sich mit den Themen Gewicht, Muskelaufbau oder Kalorienzählen befassen, haben mit hoher Wahrscheinlichkeit schon einmal davon gehört: der Grundumsatz. Besonders für Abnehmwillige ein interessantes und wichtiges, aber unglücklicherweise auch leidliches Thema. Denn es gibt die unterschiedlichsten Meinungen dazu, wie wichtig der Grundumsatz überhaupt ist und was er für eine Bedeutung hat.
Aber vorweg…

Was ist überhaupt der Grundumsatz?

Kurz gesagt: Der Grundumsatz ist die Energie, die wir verbrauchen, damit die grundlegenden Körperfunktionen aufrechterhalten werden können. Atmung, Kreislauf, Verdauung, Aufrechterhaltung der Körperwärme – all das kostet natürlich Energie. Der Grundumsatz selbst wird dabei von Alter, Geschlecht, Gewicht oder Größe und noch weiteren Faktoren beeinflusst.

Ganz wichtig: Körperliche Anstrengung oder irgendeine Art von körperlicher Leistung, auch eine ganz alltägliche Aktivität, gehört nicht zum Grundumsatz. Das wäre dann der Leistungsumsatz, welcher zum Grundumsatz gerechnet wird, was am Ende den Gesamtumsatz ergibt.

Gesamtumsatz = Grundumsatz + Leistungsumsatz

Mehr Informationen zu dem Gesamtumsatz gibt es auch auf der Hilfe & Support Seite von Fddb: Was ist der Tagesbedarf? – Fddb – Hilfe & Support

Tipp: Fddb rechnet zum Beispiel mit der Harris-Benedict-Formel: Wie errechnet Fddb meinen Tagesbedarf? – Fddb – Hilfe & Support

Kalorienaufnahme und Energieverbrauch

Besonders, wenn Menschen versuchen Gewicht (oder Fett) zu verlieren, geht es natürlich darum, mehr Energie zu verbrauchen, als aufgenommen wird. Hier kommt das Kalorienzählen bzw. das Kaloriendefizit ins Spiel.

Wer abnehmen möchte, rechnet seinen oder ihren Gesamtumsatz aus und versucht mit der täglichen Kalorienaufnahme unter dieser Zahl zu bleiben. Wer zunehmen möchte, macht es genau andersherum. Soweit zum Prinzip.

Abnehmen = Kalorienverbrauch > Kalorienaufnahme (Kaloriendefizit)

Zunehmen = Kalorienaufnahme > Kalorienverbrauch (Kalorienüberschuss)

Was aber passiert, wenn man plötzlich auf die Idee kommt, dass das alles nicht schnell genug geht? Sollte man die Kalorien weiter reduzieren? Kann man die Kalorien gar auf einen Wert unterhalb des Grundumsatzes reduzieren? Man hört und liest ja oft, dass das ungesund und gar keine gute Idee sei. Andererseits meinen aber auch viele Menschen, dass diese Sorge übertrieben ist und ein tägliches Kalorienziel unter dem persönlichen Grundumsatz keine so negativen Auswirkungen hat, wie immer behauptet wird.

Was ist also richtig? Woran sollte man sich halten? Und wieso sagen eigentlich alle etwas anderes?

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Was passiert, wenn die Kalorien, die ich zu mir nehme, unter meinem Grundumsatz liegen?

Eine wichtige Information zu Beginn: Die Forschung ist sich, bezogen auf viele Themen rund um den Grundumsatz, auch noch nicht ganz einig. Vieles wird weiterhin erforscht und es gibt keine klare Antwort auf viele Fragen. In diesem Beitrag versuchen wir also, einen kurzen, unvoreingenommenen Einblick in das umfassende ThemaGrundumsatz zu geben und ein paar Informationen bezüglich Kaloriendefizit und gesundem Gewichtsverlust zu vermitteln.

Zuerst einmal passiert auch bei einer Kalorienaufnahme unterhalb des Grundumsatzes das, was bei einem Kaloriendefizit eben passiert: Wenn man weniger Kalorien zu sich nimmt, als man verbraucht bzw. als der tägliche Grundumsatz vorgibt, geht der Körper in einen Energiedefizitzustand über und beginnt, Fettreserven zu verbrennen, um Energie bereitzustellen. Es passiert also das, was auch im Normalfall bei einer Kalorienaufnahme unter dem Gesamtumsatz passiert.

Nun ist es aber so, dass der Körper natürlich merkt, wenn plötzlich sehr viel weniger Energie über Nahrung zur Verfügung steht, als das sonst meistens der Fall war. Je nachdem, wie hoch also das Kaloriendefizit plötzlich ausfällt, kann ein Gewichtsverlust und eine hohe Kalorienreduktion über längere Zeit dazu führen, dass der Grundumsatz an die neue Lebens- bzw. Ernährungsweise angepasst wird. Das heißt also, er wird reduziert oder heruntergeregelt.

Senkung des Grundumsatzes

Zahlreiche Studien konnten bereits belegen, dass der Grundumsatz bei Gewichtsverlust und einer niedrigeren Kalorienaufnahme sinkt², , , ⁶.  Besonders auffällig ist diese Senkung aber bei Ernährungsweisen, bei welchen die Kalorienaufnahme besonders strikt reduziert wird. Das wohl berühmteste (und extremste) Beispiel für so ein Experiment ist das „Minnesota Starvation Experiment“ von 1944³. Da es zu diesem Zeitpunkt viele Hungersnöte aufgrund des Zweiten Weltkrieges gab, wollte man untersuchen, wie man den Menschen in so einer Situation am besten helfen konnte. So kam es zu dem Experiment, bei dem normal gewichtige Männer, welche normalerweise ungefähr 3.200 kcal am Tag zu sich nahmen, nur noch etwas unter 1.600 kcal essen durften, während sie weiterhin körperliche Leistungen erbrachten und normalen Arbeits-Tätigkeiten nachgingen. Neben vielen anderen negativen Auswirkungen wurde gezeigt, dass auch der Grundumsatz unter diesen Bedingungen stark zurückging.  In einem weiteren wichtigen Teil der Studie wurde aber ebenfalls gezeigt, dass diese Auswirkungen, auch der reduzierte Grundumsatz, in einigen Wochen wieder rückgängig bzw. auf ein normales Level wiederhergestellt werden konnten, sobald die Studienteilnehmer wieder normal essen konnten bzw. wieder mehr Kalorien zu sich nahmen.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch aktuellere Untersuchungen zu Patient:innen mit Essstörungen wie Anorexia Nervosa⁴. Auch bei den Patient:innen konnte der Grundumsatz wieder erhöht werden, sobald sich ihr Gesundheitszustand besserte.

Niedrigerer Grundumsatz?

Was bedeutet aber ein niedrigerer Grundumsatz überhaupt? Das bedeutet, dass der Körper versucht, an anderen Stellen Energie zu sparen und dabei werden von diesem auch gerne nicht-lebenswichtige „Energiefresser“ abgebaut. Das kann Fettgewebe sein (im besten Fall), oder eben auch Muskeln. Sobald von Gewebe die Rede ist, welches kein Fettgewebe ist, spricht man im Übrigen von der „fettfreien Masse“.

Neben dem Abbau dieser fettfreien Masse konnte außerdem nachgewiesen werden, dass ein niedrigerer Grundumsatz durch Gewichtsverlust und Kalorienreduktion dazu führen kann, dass Menschen sich automatisch weniger bewegen bzw. im Alltag weniger aktiv sind⁷. Sogenannte spontane Aktivitäten, zum Beispiel das Herumlaufen beim Telefonieren, werden dann unbewusst vermieden.

Niedrigerer Grundumsatz durch Gewichtsverlust

  • Nicht nur Fett, sondern auch Muskeln können abgebaut werden
  • Menschen werden weniger aktiv und spontane Aktivitäten werden vermieden

Muss das so sein?

Dass das passiert, setzt allerdings voraus, dass ein Kaloriendefizit nur über die Ernährung erreicht und Sport nicht mit einbezogen wird. Heißt: Es muss nicht unbedingt dazu kommen, dass vermehrt fettfreie Masse abgebaut wird⁵ und es konnte auch nachgewiesen werden, dass spontane Alltags-Aktivitäten nicht bei allen Menschen eingestellt werden⁷. Eine Studie konnte zeigen, dass ein hohes Kaloriendefizit in Kombination mit regelmäßigen und intensiven sportlichen Tätigkeiten zu einem massiven Gewichtsverlust führte, viel fettfreie Masse (Muskelmasse) aber größtenteils erhalten werden konnte⁵. Die Forschenden nahmen an, dass dieses Ergebnis deswegen erzielt wurde, weil die Teilnehmenden auch während des Gewichtsverlustes stetig Muskeln aufbauten. Möglicherweise könnte also regelmäßige sportliche Aktivität den negativen Auswirkungen von (zu) hohen Kaloriendefiziten entgegenwirken und eine Mischung aus Kaloriendefizit und Sport könnte demnach den Unterschied machen.

Es wurde jedoch auch erwähnt, dass das drastische Kaloriendefizit oder die intensiven Sporteinlagen auf lange Sicht fortgeführt werden müssten, um eine Rückkehr zum vorherigen Gewicht zu vermeiden.

Die Langzeitfolgen

Nehmen wir also an, man zählt sich selbst zu den motivierten Menschen unter uns und man könnte sich vorstellen, tatsächlich auf lange Sicht ständig weniger Kalorien zu essen oder sich intensiven Workouts zu widmen. Alles super, oder?

Nicht ganz: Eine drastische Reduktion der Kalorienaufnahme kann nämlich auf lange Sicht auch andere physiologische und womöglich auch psychologische Auswirkungen haben. Während es sicherlich kein Weltuntergang ist, sich bei Übergewicht oder auch in anderen Situationen (z.B. Vorbereitung auf einen Bodybuilding Wettbewerb) mal eine Weile unter dem Grundumsatz zu bewegen, wäre es vielleicht keine so gute Idee, das zu lange fortzuführen.  

In verschiedenen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass eine dauerhafte Kalorieneinschränkung nicht nur zu einem Mangel an wichtigen Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralien und Proteinen führen kann, sie kann auch das Immunsystem schwächen und das Risiko für Krankheiten erhöhen, bei Frauen zu Menstruationsstörungen führen und den Körper in einen Zustand von Stress versetzen². Auch die Körpertemperatur verringert sich und man friert leichter.

Drastische und langfristige Reduktion der Kalorienaufnahme

  • Kann negative physiologische und psychologische Auswirkungen haben
  • Kann zu einem Mangel an wichtigen Nährstoffen führen
  • Kann das Immunsystem schwächen
  • Kann den Körper „stressen”
  • Kann zu einer Verringerung der Körpertemperatur führen
  • Kann bei Frauen zu Menstruationsstörungen führen

Fazit

Wir halten fest: Der Grundumsatz ist die Menge an Energie, die der Körper benötigt, um die grundlegenden körperlichen Funktionen aufrechtzuerhalten.

Schadet es uns, wenn wir weniger Kalorien zu uns nehmen, als durch den Grundumsatz „vorgegeben“ sind? Nein, unter dem Grundumsatz zu essen ist nicht direkt gefährlich oder schadet uns. Besonders wenn man übergewichtig ist und Gewicht verlieren möchte, oder auch wenn man sich im Muskelaufbau befindet und gleichzeitig schnell viel Fett loswerden möchte, ist es okay, auch mal für eine kurze Zeit ein höheres Kaloriendefizit in Kauf zu nehmen.

Wenn wir das aber länger machen, oder schon einiges an Gewicht verloren haben, kann es dazu kommen, dass unser Grundumsatz sinkt und unser Körper versuchen wird, Energie zu sparen, indem alltägliche „spontane“ Aktivitäten eingestellt werden und, wenn wir dem nicht aktiv entgegenwirken, fettfreie Masse, wie zum Beispiel Muskeln, abgebaut wird.

Zudem wird es auf lange Sicht schwer, ein Gewicht zu halten, welches wir durch ein hohes Kaloriendefizit oder intensiven Sport erreicht haben, denn seien wir ehrlich: Niemand wird langfristig jeden Tag nur 1000 kcal zu sich nehmen oder fünfmal die Woche intensiv Sport treiben (von Berufs-Athleten einmal abgesehen).

👉 TIPP

Wieso sollte man sich diese Quälerei eigentlich antun, wenn ein gemäßigtes Kaloriendefizit ebenfalls zum Ziel führt? Denn eine Sache sollte man nie vergessen: Eine Gewichtsabnahme (aber auch eine Gewichtszunahme oder eine Ernährungsumstellung) ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wer also einen langfristigen Erfolg sehen möchte (ohne Jo-Jo-Effekt), sollte nicht gegen seinen oder ihren Körper arbeiten, sondern das tun, was für den Körper und auch für die Psyche am gesündesten ist. Spoiler: Blitzdiäten gehören nicht dazu.

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Quellen

¹ Brzęk, P., Gębczyński, A. K., Książek, A., & Konarzewski, M. (2016). Effect of calorie restriction on spontaneous physical activity and body mass in mice divergently selected for basal metabolic rate (BMR). Physiology & Behavior161, 116-122.

² Dirks, A. J., & Leeuwenburgh, C. (2006). Caloric restriction in humans: potential pitfalls and health concerns. Mechanisms of ageing and development127(1), 1-7.

³ Dulloo, A. G. (2021). Physiology of weight regain: Lessons from the classic Minnesota Starvation Experiment on human body composition regulation. Obesity Reviews22, e13189.

⁴ Forman-Hoffman, V. L., Ruffin, T., & Schultz, S. K. (2006). Basal metabolic rate in anorexia nervosa patients: using appropriate predictive equations during the refeeding process. Annals of clinical psychiatry18(2), 123-127.

⁵ Johannsen, D. L., Knuth, N. D., Huizenga, R., Rood, J. C., Ravussin, E., & Hall, K. D. (2012). Metabolic slowing with massive weight loss despite preservation of fat-free mass. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism97(7), 2489-2496.

⁶ Martin, A., Fox, D., Murphy, C. A., Hofmann, H., & Koehler, K. (2022). Tissue losses and metabolic adaptations both contribute to the reduction in resting metabolic rate following weight loss. International Journal of Obesity46(6), 1168-1175.

⁷ Martin, C. K., Heilbronn, L. K., De Jonge, L., DeLany, J. P., Volaufova, J., Anton, S. D., … & Ravussin, E. (2007). Effect of calorie restriction on resting metabolic rate and spontaneous physical activity. Obesity15(12), 2964-2973.

⁸ Molé, P. A. (1990). Impact of energy intake and exercise on resting metabolic rate. Sports Medicine10, 72-87.

⁹ Redman, L. M., Heilbronn, L. K., Martin, C. K., De Jonge, L., Williamson, D. A., Delany, J. P., … & Pennington CALERIE Team. (2009). Metabolic and behavioral compensations in response to caloric restriction: implications for the maintenance of weight loss. PloS one4(2), e4377.

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